Körperprotein stoppt H1N1-Virus

Eine Gruppe körpereigener Proteine verhindert, dass Viren wie der Schweinegrippe-Erreger Körperzellen kapern und sich darin vermehren. Antigrippemittel auf der Basis dieser Eiweiße könnten besonders effektiv sein.
 
US-Forscher haben herausgefunden, dass die IFITM genannten Eiweiße bis zu 90 Prozent der Krankheitserreger schon bei dem Versuch abtöten, sich in eine Körperzelle einzuschleichen. Je mehr dieser Eiweiße gegen die Schweinegrippe-Viren Wache halten, desto leichter verläuft die Erkrankung: Einige Patienten kommen so mit einem leichtem Schnupfen statt einer echten Grippe davon. Die Wissenschaftler arbeiten daher an einem Verfahren, die Proteingruppe mit einem Trick direkt zur Zelloberfläche zu bringen und damit den Ausbruch einer Infektion zu verhindern. IFITM wirkt übrigens auch gegen gefährliche Krankheiten wie Gelb-, Westnil- und Dengue-Fieber. Die Ergebnisse stellen die Forscher um Stephen Elledge von der Harvard Medical School im Fachmagazin „Cell“ vor.

„Ohne IFITM vermehrt sich ein Schweinegrippe-Virus in einer Körperzelle bis zu zehnmal schneller“, beschreibt Stephen Elledge die Schutzkraft der Proteine. Weil die IFITM an der Zellwand sitzen und Moleküle aller Art auf dem Weg in die Zelle kontrollieren, bilden sie die vorderste Verteidigungslinie des Körpers gegen Viren. In Experimenten mit Zellen von Mäusen und Menschen wiesen die US-Forscher nach, dass sie dem Angreifer keine Zeit lassen, sein gefährliches Erbmaterial einzuschleusen. Wenn Zellen infiziert sind, reagieren sie mit dem immunstimulierenden Hormon Interferon, das gegen Viren und Tumore aktiv wird. „Interferon gibt den Zellen mehr Schutz als IFITM, aber als wir in den Versuchen das Protein ausschalteten, ließ die Wirkung stark nach“, berichtet der Wissenschaftler.
 
edikamente auf Basis von IFTIM könnten künftig mittels Liposomen im Körper an ihren Bestimmungsort transportiert werden: In diesen winzigen Kügelchen von wasserabweisenden Molekülen reisen sie zur Zelloberfläche. „Das dürfte den Schutz in der alljährlich wiederkehrenden Grippesaison erhöhen“, meint Stephen Elledge. Das ist ohne weitere Grundlagenforschung allerdings noch Zukunftsmusik: Noch wissen die Forscher nicht, wie eine Zelle auf die massenhafte Verabreichung der Proteingruppe reagiert. Erforscht werden muss zudem, wie der Antiviren-Schutz mit den verschiedenen Techniken zurechtkommt, mit denen Viren an Zellen andocken. Auch werden nicht alle Viren abgewehrt: So lässt IFTIM beispielsweise den Aids- oder Hepatitis-C-Erreger passieren.
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Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de.....

Warum H1N1 so „erfolgreich“ war

  2009 schien das H1N1-Virus zur Bedrohung der Weltgesundheht zu werden
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Wissenschaftler haben den Trick entdeckt, mit dem das H1N1-Virus eine Pandemie auslösen konnte: Es hat seine Form so verändert, wie noch nie ein Grippeerreger zuvor. Das Immunsystem war machtlos.
Grippeviren sind bekannt dafür, dass sie ihre Oberfläche ständig leicht verändern, um so dem Immunsystem ihrer Opfer zu entschlüpfen. Sie können dadurch sogar von einer Spezies zur anderen überspringen, etwa von Vögeln auf Säugetiere. Einen ganz neuen Trick der Formveränderung hat das H1N1-Virus angewandt, wie ein internationales Forscherteam entdeckt hat. Nur dadurch war es dem Erreger gelungen, im Jahr 2009 die Welt mit der sogenannten Schweinegrippe zu überziehen.

Influenzaexperte Yoshihiro Kawaoka von der Universität von Wisconsin-Madison und Kollegen haben herausgefunden, warum H1N1 der Sprung von Tier auf Mensch glückte und warum sich das Virus im menschlichen Wirt so prächtig entwickelte.

Zentrales Molekül zur Vermehrung einfach umgeparkt
Zunächst müsse man wissen, dass H1N1 eigentlich eine Kombination aus vier verschiedenen Vogelgrippe- und Schweinegrippeviren ist, die sich in den vergangenen 90 Jahren entwickelten – einschließlich genetischer Spuren der Spanischen Grippe, die 1918 weltweit bis zu 50 Millionen Menschen dahinraffte. Normalerweise müssen zwei Aminiosäure, Lysin und Asparagin, an einer ganz bestimmten Stelle eines Schlüsselgens sitzen, um den Sprung vom Tier zum Mensch zu schaffen. Im H1N1-Virus sitzt die Aminosäure Lysin aber in einem völlig anderen Genabschnitt. Diese Variante genügt bereits, dass H1N1 menschliche Zellen so leicht erobern kann.

Zusammen mit der Entschlüsselung der dreidimensionalen H1N1-Struktur kann die Entdeckung des neuen Lysin-Ortes das Zusammenspiel von Virus und menschlicher Zelle erklären. Darauf aufbauend ließen sich sogar antivirale Substanzen entwickeln, die Menschen vor der Ansteckung schützen können, falls ein Grippevirus dieselbe Aminosäure-Finte nochmals anwendet, meint Yoshihiro Kawaoka.
Die Studie ist im Fachmagazin „Public Library of Science Pathogens“ erschienen.
pap
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