Was im April mit einer Grippewelle in Mexiko begann, hat mittlerweile die ganze Welt efasst. Der Erreger, der hinter den zehntausenden Krankheitsfällen allein in Deutschland steckt, ist eine Variante des
Influenza A-Virus H1N1. Im Volksmund wird sie „Schweinegrippe“ genannt, denn in den USA waren ähnliche Viren bereits bei Schweinen beobachtet worden. Allerdings waren diese Erreger nur in sehr seltenen Fällen auf den Menschen übertragen worden. Den Sprung von einer Person zur nächsten hatten sie fast nie geschafft.
Ganz anders jetzt bei der „
neuen Grippe“, die Teile des Erbguts von menschlichen, aber auch von Influenzaviren aus Schweinen und Vögeln enthält: Sie verbreitet sich rasch. Schon bald nach den Fällen in Mexiko gab es erste Fälle in den USA, auch nach Deutschland wurde das Virus Ende April eingeschleppt. Am 11. Juni 2009 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO die „neue Grippe“ zur Pandemie, also zu einer weltweiten Epidemie.
Die von Fachleuten für den Herbst vorausgesagte Grippewelle ist in Deutschland inzwischen in vollem Umfang angekommen: Die Fallzahlen steigen täglich und es gab bereits erste Todesfälle. Hier finden Sie Antworten auf wichtige Fragen zum Thema Schweinegrippe (unten) sowie aktuelle Informationen (in der Spalte rechts) zum Verlauf der Pandemie.
1. Was ist das überhaupt für ein Virus?
Der Erreger der Schweinegrippe ist ein Grippevirus vom Typ Influenza A. Die Influenza A-Viren werden anhand zwei bestimmter Oberflächenmerkmale (Hämagglutinin und Neuraminidase) in verschiedene Untergruppen (Subtypen) eingeteilt. Das Schweinegrippe-Virus gehört zum Subtyp H1N1. Der ist nicht neu: Ein Influenza A-Virus vom Subtyp H1N1 war auch der Erreger der Spanischen Grippe, die von 1918 bis 1920 zahlreiche Todesopfer forderte. „Das eigentlich Besondere an der als Schweinegrippe bekannt gewordenen speziellen Variante des H1N1 ist, dass sie in dieser Form bisher beim Menschen nicht beobachtet wurde,“ sagt Professor Reinhard Burger, Vizepräsident des Robert Koch-Institutes. „Beim Schwein übrigens auch nicht.“
2. Welche Symptome verursacht die Schweinegrippe?
„Die „neue Grippe“ lässt sich anhand der Symptome nicht von einer normalen Grippe unterscheiden,“ betont Reinhard Burger. Zu den Anzeichen einer Influenza zählen unter anderem Müdigkeit, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Husten und Halsschmerzen. Ein Teil der Patienten leidet auch unter Erbrechen oder Durchfall. Mehr über die Symptome einer Influenza erfahren Sie in unserem Ärztlichen Ratgeber Grippe.
3. Wie kann man sich anstecken?
Wie jede andere Grippe wird auch die Schweinegrippe über eine Tröpfcheninfektion übertragen. „Ansteckend können mit der „neuen Grippe“ infizierte Personen bereits etwa einen Tag vor dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen sein,“ so der Vizepräsident der Robert Koch-Institutes. Hustet oder niest eine infizierte Person, gelangen kleinste Tröpfchen, die Viren enthalten können, in die Luft. Atmet ein anderer Mensch diese ein oder kommt er in direkten Kontakt damit, ist eine Infektion möglich. Auch über Gegenstände wie zum Beispiel Telefonhörer oder Türklinken, die mit virushaltigem Sekret verschmutzt sind, können die Erreger auf die Hände und bei anschließendem Kontakt mit der eigenen Schleimhaut, beispielsweise von Mund und Nase, in den Körper gelangen.
4. Wie kann man sich gegen die Schweinegrippe schützen?
Seit kurzem stehen mehrere Impfstoffe zur Verfügung, die Schutz gegen den Erreger der Schweinegrippe bieten sollen. Für wen die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung empfiehlt erfahren Sie weiter unten unter "Impfung".
Allgemeine Hygienemaßnahmen können die Wahrscheinlichkeit einer Infektion verringern. Waschen Sie Ihre Hände regelmäßig gründlich mit Seife und Wasser und vergessen Sie dabei auch die Fingerkuppen und –zwischenräume nicht. Insbesondere nach dem Toilettengang und vor jedem Essen sollten Sie die Hände reinigen. Ist keine Waschgelegenheit erreichbar, können unter Umständen alkoholische Desinfektionsmittel zur Händehygiene sinnvoll sein. Schwieriger umzusetzen ist meist der Rat, Menschenansammlungen zu meiden, anderen Personen nicht die Hand zu geben und sich selbst möglichst selten mit den Fingern an Mund, Nase und Augen zu fassen.
5. Was nützt ein Mund- und Nasenschutz?
„Ein Mund- und Nasenschutz schützt vor allem die Umwelt vor den Tröpfchen, die ein Erkrankter ausscheidet,“ erklärt Reinhard Burger. Bis zu einem gewissen Grad kann eine solche Hygienemaske aber auch dazu beitragen, dass der Träger keine großen Tropfen abbekommt oder einatmet. „Es gibt jedoch keine Daten, dass diese Masken bei einer Pandemie wirksam sind,“ so Burger weiter. „Sie können ein falsches Gefühl von Sicherheit erzeugen.“ Nach einer gewissen Tragedauer wird der Mund- und Nasenschutz außerdem durchlässiger für Keime. Wer also eine solche Maske verwendet, muss sie regelmäßig wechseln.
6. Was tun, wenn man meint sich infiziert zu haben?
„Wer glaubt, sich mit der „neuen Grippe“ angesteckt zu haben, sollte den Kontakt zu anderen Menschen meiden,“ so Burger. „Beim Arzt sollte er sich zunächst telefonisch melden, um einen Termin zu vereinbaren.“ Dabei sollte man gleich den Verdacht auf Schweinegrippe äußern und gegebenenfalls auch darauf hinweisen, dass man sich in einem von der „neuen Grippe“ betroffenen Gebiet aufgehalten hat oder Kontakt mit infizierten Personen hatte. Der Arzt hat dann die Möglichkeit, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, so dass die betreffende Person möglichst nicht mit anderen Patienten in Kontakt kommt.
Kranke Personen sollten nicht zur Arbeit gehen. Wer husten oder niesen muss, sollte dabei nicht die Hand, sondern den Ärmel vorhalten. Erkältete sollten Einmaltaschentücher verwenden und diese nach der Benutzung direkt entsorgen. Ist Kontakt zu anderen Menschen nicht zu vermeiden, kann es unter Umständen sinnvoll sein, eine Hygienemaske zu tragen, um die Umgebung vor einer Infektion zu schützen.
7. Wann sind Medikamente sinnvoll?
Medikamente gegen Grippe sind verschreibungspflichtig. „Sie wirken nur, wenn sie sehr früh – also innerhalb von zwei Tagen nach Beginn der Symptome – eingesetzt werden,“ erklärt Burger. Daher sollte beim Verdacht auf Schweinegrippe zügig ein Arzt aufgesucht werden. Er kann nach der Diagnose entsprechende Medikamente verordnen. Die sogenannten Neuraminidasehemmer Oseltamivir (Tamiflu) und Zanamivir (Relenza) bremsen die Vermehrung des Virus im Körper. Resistenzen gegen diese Medikamente traten bei dem Virus der neuen Grippe bisher nur in Eizelfällen auf.
8. Wie sieht es mit der Impfung aus?
Seit dem 26. Oktober 2009 können sich Deutsche impfen lassen. Die ständige Impfkomission (STIKO) empfiehlt die Impfung in einem ersten Schritt für folgende Personengruppen:
• Menschen ab einem Alter von sechs Monaten, welche an chronischen Krankheiten leiden (zum Beispiel chronische Krankheiten der Atemwege, der Niere, Leber, des Stoffwechsels oder des Herz-Kreislaufsystems)
• Schwangere und Wöchnerinnen
• Medizinisches Personal (zum Beispiel Ärzte, Krankenschwestern, ...) mit Patientenkontakt und Personen, die im Bereich der Wohlfahrtspflege tätig sind
Die STIKO weist jedoch auch darauf hin, dass inbesondere bei chronisch Kranken, Schwangeren und Kindern im Einzelfall immer eine individuelle Abwägung von Nutzen und Risiken der Impfung durch den Arzt getroffen werden muss. Spätestens vier Wochen nach Beginn der Impfung möchte die STIKO nochmals Stellung dazu nehmen, ob die Impfempfehlung auch auf andere Personengruppen ausgeweitet werden sollte.
Die Nachfrage nach der Impfung ist in der Bevölkerung bisher eher gering. Das mag daran liegen, dass die heftigen Diskussionen um die Zusammensetzung der Impfstoffe und mögliche Nebenwirkungen der Impfung viele verunsichert haben. Besonders ging es dabei um die sogenannten Adjuvantien, die in manchen Impfstoffen enthalten sind und die Wirkung der Impfung verstärken sollen. Andererseits scheinen sich große Teile der Bevölkerung durch den bisherigen Ablauf der Pandemie und den in vielen Fällen eher milden Verlauf der Krankheit auch nicht besonders bedroht zu fühlen.
Für viele Risikopersonen ist neben der Impfung gegen die neue Grippe auch eine Immunisierung gegen die normale saisonale Influenza sinnvoll. Über eine zeitgleiche Verabreichung der beiden Impfungen liegen laut Robert Koch Institut noch keine Daten vor. Sollte eine solche zeitgleiche Impfung überlegt werden, so sollten die Impfstoffe auf jeden Fall an zwei verschiedenen Körperstellen injiziert werden.
apotheken-umschau.de
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen