Basel/Marburg/Berlin (ddp-hes). Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will noch in diesem Jahr einen Impfstoff gegen die Schweinegrippe zur Verfügung stellen. Nach klinischen Untersuchungen könnte die Massenproduktion des Impfstoffs mit einem neuen Herstellungsverfahren noch in diesem Jahr in der Novartis-Dependance Marburg anlaufen, teilte der Konzern am Freitag in Basel mit. Novartis rechnet bis zum Jahresende mit der Zulassung seines Serums. Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, neben Novartis seien auch mit dem Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline Vorverträge über Impfstofflieferung geschlossen worden.
Nach Angaben von Novartis ist es dem Konzern gelungen, dank des neuen Herstellungsverfahrens auf Zellkulturbasis die Produktion der ersten Charge des Influenza A(H1N1)-Impfstoffes früher als erwartet abzuschließen. An der Entwicklung des Impfstoffes war maßgeblich auch das Institut für Virologie der Universität Marburg beteiligt.
Bei dieser neuen Zellkultur-Technik werden die Viren wie in einer übergroßen Petrischale auf Nährboden vermehrt, sagte der Leiter des Instituts für Virologie, Stephan Becker. Das Verfahren ist Becker zufolge deutlich schneller und ergiebiger als das normalerweise übliche Vorgehen, bei dem die Viren für Impfstoffe in Hühnereier injiziert und so vermehrt werden. Bislang habe man nur den Wildtyp der Influenza vermehrt, sagte Becker. Sobald der Impfstoff in Serie geht, soll ein nicht so aggressiver Saat-Virus benutzt werden.
Bislang wurden zehn Liter des Wildtyp-Influenza-Impfstoffes für prä-klinische Tests hergestellt. Dieses Serum könnte möglicherweise auch für klinische Studien genutzt werden. Der fertig entwickelte Impfstoff soll anschließend in der Novartis-Niederlassung in Marburg produziert werden. Die dortige hochmoderne Produktionsanlage für die Zellkultur-Grippe-Impfstoffe kann ihr Potenzial laut Novartis zügig steigern, so dass wöchentlich Millionen Impfstoffdosen hergestellt werden könnten. Bislang lägen Anfragen von mehr als 30 Regierungen nach dem Impfstoff vor, teilte der Konzern weiter mit.
Die Bundesregierung rechnet nicht vor Herbst mit einem Impfstoff gegen die sich weltweit ausbreitende Grippe. «Vor Herbst wird es keinen Impfstoff geben», sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in Berlin. Mitte Juli werde die Entscheidung dazu auf europäischer Ebene fallen. Die Bundesländer haben dem Ministerium zufolge mit zwei Pharmakonzernen Vorverträge für den Impfstoff geschlossen. Mit den beiden Unternehmen Novartis und GlaxoSmithKline sei vertraglich geregelt, dass sie bei Bedarf den Impfstoff liefern, sagte eine Ministeriumssprecherin auf ddp-Anfrage.
Schmidt sagte, eine Vermischung mit dem normalen Impfstoff der Grippeimpfung, also ein Kombipräparat, sei nicht möglich. Bislang habe man in Deutschland alles «unter Kontrolle». Etwas Sorge bereite die Vorstellung, dass die neue Grippe im Herbst mit der saisonalen Grippe zusammentreffe und das Virus dann mutieren könnte.
(ddp)
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