Das Wichtigste zur Schweinegrippe

Von Angela Horstmann

Gesundheitsamtsleiter Jan Leidel, Allgemeinmediziner Frieder Götz Hutterer und Alban Schulte-Fischedick (EVK Weyertal) beantworteten am Stadt-Anzeiger-Telefon Fragen unserer Leser zur Schweinegrippe:

1. Schützt die diesjährige Grippeimpfung vor der Schweinegrippe?

Nein. Der Impfstoff von 2008 / 2009 bietet keinen Schutz vor der Schweinegrippe. Allein in der Gruppe der über 60-Jährigen, die sich regelmäßig gegen Grippe haben impfen lassen, konnte in einer aktuellen US-amerikanischen Untersuchung bei etwa 30 Prozent Antikörper nachgewiesen werden.

2. Kann man sich gegen die Schweinegrippe Influenza A (H1N1) impfen lassen?

Nein. Es wird vermutlich noch einige Monate dauern, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht, mit dem dann zunächst die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen mit geschwächten Immunsystem (Chronisch Kranke etc.) geimpft werden können. Wichtig ist, dass für einen Schutz vor der Schweinegrippe auf jeden Fall zwei Applikationen notwendig sein werden. Auch wird diese Impfung nicht die Impfung vor der saisonalen Influenza ersetzen. Da pandemische Viren aber dazu neigen, andere Grippeviren zu verdrängen, wird es vermutlich langfristig einen einzigen Kombinationsimpfstoff geben.

Bis der Impfstoff verfügbar ist, sollte man sich durch allgemeinen Hygienemaßnahmen schützen (regelmäßiges Lüften und Vermeiden von Händegeben, Anhusten, Anniesen).

3. Schützt ein Mundschutz vor einer Infektion?

Ein einfacher Mundschutz aus dem Baumarkt bringt nichts. Das Tragen eines dichtanliegenden, mehrlagigen Mund-Nasen-Schutzes kann in bestimmten Situationen, in denen ein Kontakt zu vermutlich infizierten Personen in geschlossenen Räumen nicht vermeidbar ist, möglicherweise einen gewissen Individualschutz bieten. Daten zur Schutzwirkung dieser Maßnahme bei einem Einsatz außerhalb der Krankenbetreuung liegen allerdings bisher nicht vor. Zu berücksichtigen ist auch, dass geeignete Hygienemasken nicht dauernd getragen werden können und insofern ein 100-prozentiger Schutz durch sie nicht zu erzielen ist.

4. Wann genau ist der Verdacht auf eine Schweinegrippeinfektion berechtigt?

Das Robert-Koch-Institut hat dafür eine klare Falldefinition: Akute respiratorische Symptome (Atemwegsbeschwerden) mit Vorliegen von Fieber (mindestens einmal 38 Grad oder höher) sowie in einem zeitlich plausiblen Rahmen vorangehend - die Inkubationszeit liegt bei 1 bis 7 Tagen - eine epidemiologische Exposition.

Letzteres bedeutet: Der Betroffene war entweder in einem definierten Gebiet außerhalb Deutschlands mit fortgesetzter Mensch-zu-Mensch-Übertragung oder hatte direkten Kontakt, war in einem Raum oder in wiederholter sprachlicher Austausch mit einem wahrscheinlichen oder bestätigten Fall oder hat sich in einer Region mit Krankheitsausbrüchen in der Allgemeinbevölkerung (was derzeit in Köln nicht der Fall ist) aufgehalten.

5. Was ist der Unterschied zwischen einem grippalen Infekt und einer richtigen Grippe wie der Schweinegrippe?

Ein grippaler Infekt kann durch unterschiedliche Krankheitserreger verursacht werden. Eine echte Grippe wird immer durch Influenza-Viren ausgelöst. Typisch für eine Grippe ist der plötzliche Beginn der Erkrankung. Betroffene füllen sich richtig krank und klagen über Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und vor allem auch Fieber. Untersuchungen in den USA und Spanien haben gezeigt, dass 98 bzw. 97 Prozent der bestätigten Fälle auch Fieber hatten. Einige Infizierte berichteten über Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

6. Was sollte ich tun wenn ein Infektionsverdacht besteht?

Man sollte nicht gleich in eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus gehen, sondern telefonisch abklären, ob Verdacht berechtigt ist. Der Arzt kann dann entscheiden, ob ein Hausbesuch sinnvoll ist oder der Patient in die Praxis kommen sollte - idealerweise nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

7. Sollte man prophylaktisch Tamiflu einnehmen?

Mit den beiden Neuramidasehemmern „Tamiflu“ und „Relenza“ stehen zwei wirksame Medikamente zur Verfügung, die die Grippe-Symptome lindern und den Verlauf verkürzen können. Vor allem für Menschen mit einer Vorerkrankung oder einem geschwächten Immunsystem sollte bei begründetem Verdacht zügig, das heißt innerhalb der ersten 48 Stunden, ein solches Medikament gegeben werden. Auf keinen Fall sollte Tamiflu ohne ärztlichen Rat prophylaktisch eingenommen werden, zumal es bei eine einfachen Erkältung gar nicht wirkt, aber Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden haben kann. Zum anderen kann die unkontrollierte Gabe dazu führen, dass sich Resistenzen gegen dieses bisher noch wirksame Grippemittel entwicklen.

8. Wie lange ist die Schweinegrippe ansteckend?

Das Problematische an der Schweinegrippe ist, dass sie bereits ein bis zwei Tage vor Auftreten der ersten Symptome ansteckend ist. Bei erwachsenen Infizierten geht man davon aus, dass sie nach sieben Tagen nicht mehr ansteckend sind, betroffene Kinder nach zehn Tagen.

9. Habe ich in einer Klinik mit Infektionsabteilung ein erhöhtes Ansteckungsrisiko?

Nein. Die Infizierten kommen nicht mit dem allgemeinen Publikumsverkehr in Kontakt. Für anderen Patienten / Stationen besteht kein erhöhtes Risiko.

10. Was muss ich beachten, wenn an der Schule meines Kindes ein Schweinegrippenfall gemeldet wurde?

Normalerweise wird die Klasse, in der der Fall aufgetreten ist, geschlossen. Erst bei einem zweiten Verdachtsfall muss die Schule schließen. Für die noch nicht erkranken Mitschüler gilt: So lange ein Kind gesund ist, darf es sich weiter normal auch außerhalb der Wohnung aufhalten. Das gilt auch für deren Eltern oder Geschwisterkinder. Nur bei tatsächlich bestätigten Fällen gilt auch für Kontaktpersonen 1. Grades (Eltern, Geschwister, Haushaltskontakte) eine häusliche Quarantäne.

11. Was soll man tun, wenn ein Kind im Sommerurlaub erkrankt?

Wenn nicht klar ist, dass das Kind tatsächlich mit einem Infizierten Kontakt hatte, sollte man bei Auftreten grippeähnlicher Symptome die Ruhe bewahren und auftretendes Fieber unter Umständen mit Paracetamol behandeln. Wenn es dem Kind aber richtig schlecht geht und man den Verdacht hat, dass es sich um Schweinegrippe handelt, sollte man einen Arzt aufsuchen bzw. die Ambulanz eines Krankenhauses.

12. Stimmt es dass die zweite Welle der Schweinegrippe stärker wird?

Das kann, aber muss nicht sein. Grippeviren haben die Eigenschaft, sich im Laufe der Zeit allmählich zu verändern. Schon leichte Mutationen des Schweinegrippenvirus können dazu führen, dass sich die krankmachenden Eigenschaften verändern und die Krankheitsverläufe in einer zweiten Erkrankungswelle schlimmer sein können.

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de, ksta.de.....