50 Millionen Impfdosen gegen die Schweinegrippe hat Deutschland bestellt - doch sollte es tatsächlich zu Massenimpfungen kommen, drohen chaotische Verhältnisse. Nach Informationen des SPIEGEL ist völlig unklar, wer wann unter welchen Bedingungen geimpft werden soll.
Hamburg/Berlin - Die Schweinegrippe greift immer schneller um sich, auch in Deutschland kommen inzwischen täglich Hunderte neuer Fälle hinzu.
Am Freitag haben die Bundesländer 50 Millionen Dosen Impfstoff gegen die Schweinegrippe bestellt. Das soll für 30 Prozent der Bevölkerung reichen. Chronisch Kranke und Schwangere sowie Menschen, die im Gesundheitswesen oder bei Polizei und Feuerwehr arbeiten, sollen Vorrang haben.REUTERSImpfstoff-Herstellung in Dresden: Streit auch über die Kosten der Aktion
Doch die Bedingungen der für Oktober geplanten Impfaktion sind nach SPIEGEL-Informationen völlig unklar. Nach den Plänen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) müssen die gesetzlichen Krankenkassen chronisch Kranke über ihren Anspruch auf eine Impfung informieren. Schon das ist ein Problem: Zum einen sammeln die Versicherungen nicht die Daten aller Chroniker. So lägen über die in der Impfverordnung der Bundesregierung genannten HIV-Infizierten, Fettleibigen oder Leberkranken überhaupt keine Kenntnisse vor, heißt es bei den Kassen.
Zum anderen verfügen die Krankenversicherer zwar über Informationen zu Diabetikern, Asthmatikern, Herzkranken und Krebspatienten, dürfen diese nach Einschätzung von Kassenexperten aber aufgrund des strengen gesetzlichen Schutzes von Sozialdaten nicht ohne weiteres nutzen. Unklar ist zudem, was mit nicht Krankenversicherten geschieht, da der Impfanspruch nur durch eine entsprechende Kassenbescheinigung nachgewiesen werden kann.
Streit droht zudem über die Kosten der Aktion. Die gesetzlichen Kassen sollen für den Impfstoff und die mit der Impfung verbundene Dienstleistung aufkommen. Das kostet nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums 14 Euro pro Person - allerdings nur, wenn die Gesundheitsämter die Impfung koordinieren, sie also nicht in Arztpraxen vorgenommenen wird. Dies ist aber ebenso offen wie die Frage, wer für Lagerung und Transport der Impfstoffe sowie für die Information der Bürger aufkommt. "Da stehen noch harte Verhandlungen an", sagt der thüringische Gesundheitsstaatssekretär Falk Oesterheld.
Ein auf den Schweinegrippe-Erreger H1N1 zugeschnittener Impfstoff existiert zudem derzeit noch nicht. Er wird zurzeit entwickelt und soll Ende September zur Verfügung stehen. Das Vakzin dürfe erst dann freigegeben werden, wenn es keinerlei Sicherheitsbedenken mehr gebe, sagte Keiji Fukuda, Leiter der WHO-Grippe-Abteilung. Ankündigungen von Herstellern, den Impfstoff früher als Ende September oder Anfang Oktober auszuliefern, seien nicht realistisch, sagte Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder. Das sei "schlichte Propaganda".
Zweifel gibt es auch an der Wirksamkeit eines solchen Medikaments. Der britische Influenza-Experte Tom Jefferson von der Cochrane Collaboration, einem von Industrie und Interessenverbänden unabhängigen Netzwerk von Wissenschaftlern, hatte im Gespräch mit dem SPIEGEL betont, es sei noch offen, ob die Impfung tatsächlich vor der Schweinegrippe schützen wird.
Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de.....
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