Die Schweinegrippe macht keine Ferien. Im Gegenteil: Viele Schweizerinnen und Schweizer werden den H1N1-Virus als lästiges Feriensouvenir nach Hause nehmen. Und die Pandemie so vorantreiben.
Besonders gefährdet: Schwangere. Ihnen setzt das aggressive Virus stärker zu als anderen. «An der neuen Grippe sterben überproportional viele schwangere Frauen oder erleiden Frühgeburten», sagt Claire-Anne Siegrist (51).
Die Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Impffragen rät deshalb werdenden Müttern, sich gegen die Schweinegrippe zu impfen. Oder zurzeit gar nicht erst schwanger zu werden. «Wenn es auf ein paar Monate nicht ankommt, würde ich mit einer Schwangerschaft warten», sagt Siegrist in einem Interview mit der «NZZ». Warten, bis der Impfstoff in der Schweiz erhältlich ist. Das ist frühestens im Oktober der Fall.
Siegrist ist nicht irgendeine Impfexpertin, sondern eine Pionierin: Sie trat 2000 an der Uni Genf Europas erste Professur für Impfkunde an. Heute ist sie Leiterin des WHO-Zentrums für Impfkunde und neonatale Immunologie in Genf.
Auch Frauenärzte warnen
Zur Zurückhaltung beim Babymachen raten selbst Gynäkologen. «Es ist sicher nicht falsch, die Grippewelle abzuwarten», sagt Roland Zimmermann, Direktor der Klinik für Geburtshilfe des Zürcher Unispitals. Die Schweinegrippe wird spätestens im Herbst zu uns überschwappen. Wer jetzt schwanger wird, ist dann in den kritischen ersten drei Monaten einer Schwangerschaft und besonders gefährdet.
«Wir haben ein flaues Gefühl im Magen, weil dieses Virus so anders ist als andere Grippeviren», so Zimmermann. «Der Krankheitsverlauf ist extrem schnell. Das Virus kann eine Lungenentzündung verursachen, die innert Tagen zum Tod führt.»
Impfstoff bis Ende September?
Auch Siegrist rät seinen Patientinnen zur Impfung. «Klar besteht bei jeder Impfung ein gewisses Restrisiko. Aber das ist wesentlich kleiner als das Risiko einer Ansteckung mit dem H1N1-Virus», so der Arzt. «Ich hoffe, dass der Impfstoff bis Ende September da ist.»
Bei den weltweit über 100 000 Infizierten sind Dutzende Fälle von Frühgeburten, Fehlgeburten oder Missbildungen bekannt. Oder infizierte Mütter überleben die Strapazen der Geburt nicht. Wie die 39-jährige Ruptara Miah. Die Engländerin starb letzte Woche kurz nach der Geburt ihres Sohnes an den Folgen der Schweinegrippe. Die Ärzte kämpfen immer noch um das Leben des Babys.
Impfungen für Schwangere? Bisher tabu. Doch die Schweizerinnen müssten sich diesem Thema öffnen. «In den USA und in Kanada werden Schwangere seit Jahren gegen Grippe geimpft», so Zimmermann. Offenbar ohne negative Folgen für Mutter und das werdende Kind. «Bei der Grippeimpfung werden tote Viren gespritzt. Solche können einen lebendigen Organismus nicht anstecken.» Studien aus den USA zeigten, dass auch Babys nach einer Impfung resistenter gegen Viren seien. «Wir arbeiten zurzeit daran, den Schwangeren die Angst vor Impfungen zu nehmen.» Im Herbst will die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe einen Impfflyer herausgeben.
Das Bundesamt für Gesundheit wartet ab
Im Stich gelassen werden Schwangere vom Bundesamt für Gesundheit (BAG). Dort wartet man auf die Weisungen von Siegrists Impfkommission. «Erst dann wollen wir entscheiden, was wir Schwangeren explizit raten», sagt BAG-Sprecher Jean Louis Zürcher.
Bis dahin gilt auch für Schwangere: sich vor Menschenansammlungen hüten, Kontakt mit Erkrankten meiden und sich öfter die Hände waschen. Bei Verdacht auf Grippe sofort den Arzt um Rat fragen. Von Corinne Landolt
Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de, blick.ch.....
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