Ulla Schmidt: Jeder Deutsche kann sich impfen lassen

Zunächst sind die Risikogruppen dran – Länder arbeiten an Plan für Massenimpfung

Die Schweinegrippe breitet sich immer weiter aus und Deutschland rüstet sich für den Ernstfall – allerdings zunächst nur für ein Drittel der Bevölkerung: 50 Millionen Dosen Impfstoff sind bestellt, 25 Millionen Deutsche sollen damit jeweils zweimal geimpft werden.

Grund ist die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass zunächst alle Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten und für die öffentliche Ordnung sorgen, gegen das Virus geimpft werden sollten.

Das Bundesgesundheitsministerium bestätigt: „Wir halten uns an die Impfempfehlung der WHO, das bedeutet, erste Priorität hat das Gesundheitspersonal. Ziel ist es, in jedem Fall das Gesundheitswesen zu erhalten. Außerdem sollen Schwangere und Menschen mit Vorschädigungen, zum Beispiel Diabetes oder Asthma eine Impfung erhalten, da eine Infizierung mit dem Virus für diese Risikogruppe gefährlich ist. Insgesamt handelt es sich um etwa 22 bis 23 Millionen Menschen. Die bestellten 50 Millionen Dosen reichen also auf jeden Fall, um jeden, der den Impfstoff benötigt, zweimal zu impfen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums BILD.de.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt: „Wenn jemand geimpft werden möchte, wird das auch gemacht“ Foto: dpa

Auch wenn mit der geplanten Impfkampagne zunächst nur ausgewählte Gruppen geimpft würden, habe die Allgemeinheit nicht das Nachsehen, versicherte die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt: „Wenn jemand geimpft werden möchte, wird das auch gemacht.“

Wartezeiten seien zwar möglich, wenn erforderlich könnten aber zusätzliche Impfdosen nachbestellt werden.

„Wir sind für jeden Fall gerüstet“, bestätigt der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. „Deutschland hat als erstes Land Verträge mit Impfstoff-Herstellern geschlossen, die uns die reservierte Menge von 160 Mio. Dosen absichern. Damit könnte jeder Deutsche geimpft werden.“

Doch wie genau die Massenimpfung durchgeführt werden soll, ist noch nicht sicher, einen konkreten Plan der Länder gibt es bisher nicht.

Die Sprecherin des Bayrischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit: „Bund und Länder haben sich auf eine nationale Impfstrategie geeinigt. Nun müssen die genauen Richtlinien noch festgelegt werden. Auf jeden Fall hat die Sicherheit chronisch Kranker und Schwangerer Priorität“, sagte sie BILD.de.

Vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen heißt es: „Wie, wann und wo die Impfungen durchgeführt werden steht noch nicht fest. Der Plan wird aber in jedem Fall fertig sein, wenn der Impfstoff zur Verfügung steht“, sagte eine Sprecherin gegenüber BILD.de.

Eine Impfstrategie, die für die Vogelgrippe-Welle entwickelt wurde, dient als Diskussions-Basis für die neue Planung. „Die Fragen, die nun geklärt werden müssen, sind ähnlich, aber damals wäre eine Vollimpfung nötig gewesen, weil das Vogelgrippevirus gefährlicher war als das der Schweinegrippe“, erläutert eine Sprecherin des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit BILD.de.

Auf jeden Fall bleibt die Impfung gegen das Schweinegrippe-Virus für jeden freiwillig, betonte der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums: „Sicher ist, wer sich impfen lässt, schützt nicht nur sich, sondern auch andere. Wir wollen die Menschen motivieren, aber eine Impfpflicht ist ausgeschlossen. Wir können und wollen niemanden zu seinem Glück zwingen.“

Für Ärzte oder Krankenschwestern würden allerdings Arbeitsschutzbestimmungen greifen.

Unterdessen hat eine Ärztin des nordrhein-westfälischen Landesinstituts für Gesundheit und Arbeit vor dem deutlichen Anstieg der Zahl von Schweinegrippe-Kranken in Deutschland gewarnt.

Nach Angaben von Kirsten Bradt, Ärztin und Leiterin der Liga-Fachgruppe Infektion und Hygiene, sei es lediglich möglich, den Anstieg der Krankenzahlen bis zur geplanten Massenimpfung im Herbst zu verlangsamen. Man müsse Zeit gewinnen, „bis der Impfstoff zur Verfügung steht“, sagte sie dem „Westfalen-Blatt“.

Die Impfung in NRW soll den Angaben zufolge in 60 speziellen Stammimpfstellen erfolgen, die in Schulen und Turnhallen eingerichtet werden. Hier könnten täglich bis zu 15 000 Menschen geimpft werden.

Wenn die Zahl der Erkrankten rapide zunehme und sich der bisher glimpfliche Krankheitsverlauf verschlimmere, müsse zudem mit der zeitweiligen Schließung von Schulen und Kindergärten sowie der Absage von Sportveranstaltungen, Kino- und Theateraufführungen und Großereignissen wie Karnevalssitzungen und Festumzügen gerechnet werden, hieß es.

Auch das Ausland rüstet sich gegen die Schweinegrippe. So hat Frankreich trotz niedrigerer Bevölkerungszahl fast doppelt so viel Impfstoff gegen die Schweinegrippe wie Deutschland.

Paris habe für eine Milliarde Euro 94 Millionen Impfdosen fest bestellt, sagte Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot nach einer Sitzung des Krisenzentrums der Regierung zur Schweinegrippe.

Die Menge reicht für 47 Millionen Menschen, da für einen wirksamen Schutz zwei Impfungen notwendig sind. Damit könnte Frankreich drei Viertel seiner Bevölkerung impfen. Das interministerielle Krisenzentrum beschloss zudem, dass ab kommender Woche Schutzmasken auf Rezept kostenlos von den Apotheken abgegeben werden.

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de.....