Das Geschäft mit der Angst

|

Die Angst vor der Schweinegrippe beschert den Internetapotheken satte Gewinne. Doch die Experten warnen die Tiroler: Ein Großteil der Medikamente sind Fälschungen und dazu überbezahlt.
Von brigitte warenski

Horrormeldungen über Epidemien fördern den Verkauf von starken Medikamenten.
Innsbruck/Wien – „Im Internet geht alles. Das Geschäft mit Arzneimittelfälschungen ist riesig und soll sogar noch besser gehen als der Kokainhandel“, erzählt Marcus Müllner von der österreichischen Arzneimittelzulassungsstelle AGES. Wer über das Internet Medikamente bestellt, kaufe mit „höchster Wahrscheinlichkeit eine Fälschung“.

Giftige Substanzen
Im besten Fall sei das Arzneimittel nur ein Placebo, „schlechter ist schon, wenn es nur ähnliche Wirkstoffe enthält, die nicht getestet sind. Im schlimmsten Fall enthält es giftige Substanzen. Das ist oft in der Dritten Welt der Fall, wo Hustensäfte mit Glycol versetzt werden“, so Müllner.

In den illegalen Internetapotheken boome vor allem der Handel mit Lifestyle-Produkten wie angeblichen Dopingmitteln oder Raucherentwöhnungspräparaten. In der Dritten Welt werde das Geschäft u.a. mit Malariapräparaten gemacht.

Ohne Rezept verkauft
Nach den Horrormeldungen über eine mögliche H1N1-Pandemie (neue Grippe oder Schweinegrippe), die im Herbst über die Welt hereinbrechen könnte, gibt es auch immer mehr Tiroler, die sich auf Vorrat mit dem Grippemittel Tamiflu eindecken. Der Faktor Angst ist dabei so bestimmend, dass selbst horrende Summen sowohl für das Medikament selbst als auch für die ärztliche Beratung per Internet an dubiose Firmen irgendwo im Ausland bezahlt werden.

„Es gibt so viele schwarze Schafe, dazwischen sind die wenigen seriösen Onlineanbieter kaum erkennbar“, sagt Axel Thiele vom deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). „Man kann sicher sein, dass der Anbieter unseriös ist, wenn Tamiflu, das ja auch in Österreich verschreibungspflichtig ist, ohne Rezept hergegeben wird, was meist der Fall ist.“

Doch es ist nicht nur Tamiflu, sondern es sind laut Thiele „auch völlig zweifelhafte Arzneimittel, u.a. gegen Krebs oder Rheuma, mit denen das große Geschäft gemacht wird und darin sehe ich wirklich eine Gefahr.“ Viele Internetapotheken gehen sogar so weit, dass sie Arzneimittel verkaufen, die Risiken bergen und vor denen die zuständigen Stellen ausdrücklich warnen.

Gesundheitsrisiko
Das trifft u.a. auf das pflanzliche Potenzmittel Rize 2 the Occassion zu, das ohne Probleme weltweit bestellt werden kann, vor dessen Gebrauch aber die AGES warnt. „Rize 2 the Occassion birgt ein großes Gesundheitsrisiko durch seine nicht abschätzbare Wirkung sowie unbekannte Nebenwirkungen, insbesondere für Menschen mit Herzkrankheiten.“

Strafverfahren gegen Onlinehändler, die die Barbie-Droge (macht angeblich schlank, braun und potent) Melanotan vertrieben haben, sind in Deutschland bereits 2008 eingeleitet worden. Dennoch wird im Internet von findigen Händlern das gefährliche Produkt weiter verkauft. „Es ist leider wie bei einer Hydra. Wenn einer Firma der Hahn zugedreht wird, macht halt die nächste auf“, so Müllner.

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de, tt.com.....