Schweiz: Wem sollen wir glauben?

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Von Johannes von Dohnàny
Ist die Schweinegrippe schon vorbei? Nicht mal Experten wissen genau, was Sache ist. Und das ausgerechnet zum Schulbeginn!

Beda Stadler (59) ist Professor für Immunologie in Bern. Also versteht er etwas von ansteckenden Krankheiten. Jetzt hat der international anerkannte Wissenschaftler die Schweinegrippe überraschend zur «einfachen Sommergrippe» degradiert.

Rechtzeitig zum Ferienende nannte er gegenüber dem «Tages-Anzeiger» die Händewaschregel, das Küsschenverbot und Klinken wischen in den Schulen «einfach Quatsch». Fast überall auf der Welt, zitiert er die Pandemie-Bulletins der Weltgesundheitsorganisation in Genf, sei die Zahl der Neuerkrankungen rückläufig. Nicht einmal nach Grossveranstaltungen wie der Zürcher Street Parade habe sich das Virus weiterverbreitet. Die H1N1-Pandemie, behauptet der Immunologe, habe die Schweiz weitgehend verschont. Deshalb müsse das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Entwarnung geben.

Über solche Aussagen kann Professor Werner Wunderli (67) nur den Kopf schütteln. «Woher nimmt Stadler diese Erkenntnisse?», staunt der emeritierte Zürcher ­Virologe. Er sieht die Lage so: In kaum fünf Monaten hat sich das Virus über 170 Länder auf vier Kontinenten ausgebreitet. Die Zahl der Erkrankten wird längst nicht mehr gezählt. Fest steht nur: 1462 Menschen sind bisher am H1N1-Virus gestorben. Wie schnell die Schweinegrippe auch in der Schweiz zum Kampf um Leben und Tod werden kann, zeigt das Beispiel der jungen Mutter, die seit 16 Tagen im Basler Unispital im künstlichen Koma gehalten wird: Sie hatte sich unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes mit der Schweinegrippe angesteckt. Auch wenn sich die Geschwindigkeit der Ausbreitung derzeit leicht verlangsamt hat, will Wunderli daher von Entwarnung nichts wissen: «Wir sind noch nicht am Ende des Tunnels.»

Der Schweiz, sagt er, stehen entscheidende Tage erst noch bevor. «Mit dem Ende der Reisezeit werden viele Menschen nach Hause kommen, die sich im Ausland angesteckt haben.» Damit werde die Zahl der Schweinegrippe-Kranken in den kommenden Wochen schnell steigen. Und der Herbst sei erfahrungsgemäss die günstigere Jahreszeit für die Ausbreitung von Grippeviren. «Man soll die Gefahr nicht unnötig dramatisieren», sagt der Virologe. Aber «auf seinem Zug durch den Winter der südlichen Halbkugel könnte sich H1N1 mit anderen Grippeviren vermischen und auf seinem Rückweg nach Norden zu einem noch gefährlicheren Erreger mutieren».

Das zumindest sieht auch Immunologe Stadler so. Er will sich auf jeden Fall gegen die Schweinegrippe impfen lassen, sobald das neue Serum auf dem Markt ist.  

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de, blick.ch.....