Spanien bereitet sich auf zweite Welle der Schweinegrippe vor

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Kopfnicken statt Küsschen

Zehn Tote hat die Schweinegrippe in Spanien bislang gefordert. Nun trifft die Regierung Vorbereitungen für die gefürchtete zweite Welle der "Gripe A", wie die Krankheit dort heißt: Nicht nur mit einer Impfaktion - auch mit sehr deutlichen Plakaten.

Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid

Sich daran zu halten, wird den Spaniern schwer fallen: An der historischen Fassade der ehemaligen Medizinischen Fakultät in Madrid hängt ein großes Plakat, mit einem Slogan, den die Ständevereinigung der Ärzte in Madrid propagiert: "Kein Küsschen geben, kein Händeschütteln - sag nur 'Hallo'".

Empfehlungen dürften ins Leere laufen

Das durchzusetzen dürfte schwierig werden, in einem Land, in dem sich auch Fremde ganz selbstverständlich mit gegenseitigen Küsschen auf die Wange begrüßen. Und die Experten-Empfehlung, japanisches Kopfnicken als Begrüßungsgeste zu übernehmen, kann getrost als chancenlos eingestuft werden.

Trotzdem ist die "Keine Küsschen geben"-Empfehlung der Mediziner ernst gemeint - und die Regierung trifft Vorbereitungen für die gefürchtete zweite Welle der "Gripe A", wie die Schweinegrippe hierzulande heißt. "Wir werden Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 14 Jahren impfen", sagt Gesundheitsministerin Trinidad Jiménez. "Das ist die vielleicht effektivste Vorbeugung - denn die Übertragung an sich können wir nicht vermeiden."

Keine Impfung für Lehrer und Taxifahrer

Laut Jiménez sollen aber auch andere Risikogruppen geimpft werden: Schwangere, Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen, Angehörige des Gesundheitswesens, Feuerwehrleute, Polizisten, Justizpersonal und auch Mitarbeiter des öffentlichen Transportsektors - nicht jedoch Taxifahrer, deren Ständevertretung die Impfung unlängst auch für sich reklamiert hat. Auch Lehrer sollen nicht geimpft werden - sie seien durch die Impfung der Schüler ausreichend geschützt, so die Begründung.

Unternehmen und kleinere Firmen sollten sich jedoch darauf vorbereiten, dass Arbeitskräfte ausfallen - und darüber nachdenken, ob Arbeit anders organisiert werden kann, zum Beispiel per Telearbeit. "Natürlich macht es einen Unterschied, ob wir von einer Bank reden oder einem Transportunternehmen, ob es um vier Angestellte geht oder um 200", so die Gesundheitsministerin.

Urlaubssperre für medizinisches Personal?

Die Verantwortliche für medizinische Erstversorgung in Madrid, Patrizia Gallega, hat umgekehrt angeregt, für medizinisches Personal im September eine Urlaubssperre zu verhängen: "Man rechnet mit einer Infektionsrate von 25 bis 30 Prozent - die Gesundheitseinrichtungen berücksichtigen das bei ihren Planungen. Wir müssen die Kapazitäten anpassen, weil der Bedarf steigen wird."

Um die Überflutung von Arztpraxen und Notaufnahmen mit verunsicherten Patienten zu vermeiden, hat die Autonome Gemeinschaft Valencia einen Internet-Fragebogen für die Selbstdiagnose entwickelt - auch eine Schweinegrippe-Hotline ist im Gespräch. In Navarra soll der Schulbeginn für 100.000 Kinder über einen Zeitraum von drei Wochen gestreckt werden, kündigte Carlos Pérez Nieves vom Erziehungsministerium an: "In der Spitze könnten sich mehr als 40 Prozent der Schüler anstecken - und das wäre eine enorme Belastung für das Gesundheitswesen, speziell was die Behandlung schwerer Fälle angeht."

Elf "Gripe A"-Tote in Spanien

Insgesamt sollen um die 18 Millionen Spanier die zwei nötigen Impfdosen erhalten - die endgültige Entscheidung über die genaue Abgrenzung der Risikogruppen soll aber erst im Oktober getroffen werden. Bisher sind in Spanien elf Menschen an der Schweinegrippe gestorben, die letzten Opfer waren ein 30-jähriger Mann auf Gran Canaria und eine 31-jährige schwangere Frau in Castellon.

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de, tagesschau.de.....