Damals machte das die junge Firma aus Altona bekannt - und erfolgreich. Nachdem im November 2000 das erste deutsche Rind mit einem Test bei Artus als BSE-positiv erkannt worden war, stieg die Zahl der Aufträge rapide: Zeitweise wurden 3000 Tests pro Tag durchgeführt. "Der Erfolg kam praktisch über Nacht", sagt Spengler. "Das kann uns jetzt auch passieren."
Astra Diagnostics, ein im vergangenen Jahr abermals in Altona gegründetes Unternehmen, hat ein Verfahren zum Nachweis des H1N1-Virus entwickelt. Es funktioniert, indem isolierte DNA eines vermeintlich infizierten Patienten mit Hilfe der sogenannten Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und geeigneten Fluoreszenzfarbstoffen nachgewiesen werden. Nicht nur der Schweinegrippe-Erreger, sondern auch andere Grippeviren können so identifiziert werden. Das könnte ein großes Geschäft werden, da der Bedarf an derartigen Nachweisverfahren groß ist. "Im Herbst wissen wir mehr", sagt Spengler.
Es geht bei Astra nicht nur um Schweinegrippe, sondern allgemein um molekularbiologische Infektionsdiagnostik. Die Firma entwickelt Reagenzien, mit denen sich bestimmte Viren oder Bak-terien per DNA-Test nachweisen lassen. So wird mit Fördermitteln der Wissenschaftsbehörde ein Analysesystem entwickelt, das Infektionen bei Patienten mit geschwächter Immunabwehr frühzeitig erkennt und eine gezieltere Behandlung ermöglicht.
Der Mediziner Spengler leitet die Firma mit dem Biologen Markus Heß. Die beiden kennen sich seit den frühen 90er-Jahren, als sie gemeinsam am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin für ihre Doktorarbeiten im Fach Molekularbiologie forschten. 1998 gründete Spengler seine erste Firma. "Markus war einer der ersten Mitarbeiter bei Artus", so Spengler.
Artus entwickelte sich schnell vom kleinen Laborbetrieb zum weltweit aktiven Biotech-Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern und Niederlassungen in den USA und Malaysia. BSE brachte den Durchbruch. "Da waren wir mit unserer Dienstleistung offensichtlich zur richtigen Zeit auf dem Markt. Wir hatten den BSE-Schnelltest schon länger im Angebot, und es war eigentlich klar, dass Deutschland nicht vom Rinderwahn verschont bleiben würde", so Spengler. Drei Jahre später brachte Artus als erstes Unternehmen weltweit ein Verfahren auf den Markt, mit dem die gefährliche Lungenkrankheit SARS schnell und sicher diagnostiziert werden konnte. Die Anwendung war in Rekordzeit in nur drei Wochen entwickelt worden.
Mitte 2005 verkauften Spengler und acht weitere Artus-Gesellschafter die Firma für 39,2 Millionen Dollar an den niederländischen Konkurrenten Qiagen. Spengler blieb als Geschäftsführer in Hamburg. Aber Ende 2006 verließ er Qiagen. "Wenn Sie das Unternehmen gegründet haben, dann fällt es ab einem bestimmten Punkt auch schwer, sich in die große Organisation zu fügen. Schließlich war ich lange mein eigener Chef", sagt Spengler. "Aber wir bleiben freundschaftlich verbunden."
Das folgende Jahr nutzte Spengler zum Reisen. "Es gibt schließlich noch mehr als Arbeit. Und ich hatte viel nachzuholen" sagt der 42-Jährige. Im vergangenen Jahr wurde Astra gegründet. Der Name ist übrigens eine Reminiszenz an die Astra-Brauerei, die sich früher direkt gegenüber dem Tropeninstitut befand. Die zweite Firma hat Spengler nicht mit dem Ziel gegründet, sie wieder zu verkaufen. "Wenn Sie nur den goldenen Handschlag im Kopf haben, dann hindert sie das am Denken." Aber niemand könne wissen, was in fünf oder zehn Jahren ist.
Der passionierte Fußballspieler und HSV-Fan fühlt sich wohler mit einer kleinen Firma und einer kleinen Mannschaft. Aktuell sind es neun Beschäftigte - viele waren auch mit Spengler schon bei Artus. "Privat geführte Unternehmen sind nicht so auf kurzfristige Ergebnisse wie börsennotierte Firmen angewiesen", sagt der Unternehmer. "Jene müssen Quartalsberichte abliefern, häufig sogar monatlich berichten." Ähnlich sei es bei Risikokapitalgesellschaften, die regelmäßig wissen wollen, was ihr eingesetztes Kapital macht. "Wir können unser Geschäftsmodell über einen längeren Zeitraum aufbauen." Astra ist komplett privat finanziert.
Man brauche ein gute Mannschaft, marktfähige Produkte und eine funktionierende Infrastruktur, sowie wertvolle Branchenkontakte, um als kleines Biotech-Unternehmen überleben zu können. "Wenn sie das haben, dann können Sie viel flexibler und innovativer sein und viel erreichen. Das ist gut so, denn sonst gäbe es uns Kleinen ja nicht."
Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de.....
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