Grippe-Mittel für Kleinkinder vergriffen

von Volker DoerkenHagen. Der Bundesverband der Kinder und Jugendärzte (BVKJ) schlägt Alarm: Bei der Neuen Grippe - häufig auch „Schweinegrippe” genannt - gibt es kaum Möglichkeiten zur Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern.

Der Bundesverband der Kinder und Jugendärzte (BVKJ) schlägt Alarm: Bei der Neuen Grippe - häufig auch „Schweinegrippe” genannt - gibt es kaum Möglichkeiten zur Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern. Und auch Dr. Peter Liese, CDU-Europa-Abgeordneter und ausgebildeter Kinderarzt, rebelliert. Er sieht ebenfalls die spezifischen Belange von Kindern bei der Bekämpfung der Neuen Grippe nicht ausreichend beachtet: „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern sie haben einen anderen Stoffwechsel. Viele Besonderheiten müssen bei Erkennung, Vorsorge und Behandlung von Krankheiten berücksichtigt werden.”

Leistungsverordnung bereitet Ärzten Kopfzerbrechen

Dr. Wolfram Hartmann, Kinder- und Jugendarzt in Kreuztal, stimmt mit ein. In einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt schreibt der BVKJ-Präsident: „Die Leistungsverordnung zur Influenzaschutzimpfung bereitet uns erhebliches Kopfzerbrechen.”

Eine Packung mit dem Impfstoff Tamiflu. Das Grippe-Mittel ist für Säuglinge im ersten Lebensjahr nicht zugelassen.
Dr. Hartmann unterstreicht, dass viele Eltern nach einer Grippe-Schutzimpfung für Kinder und den möglichen Risiken fragen. Ihnen muss er sagen, dass die beiden Grippemittel Relenza und Tamiflu nicht für Säuglinge im ersten Lebensjahr zugelassen sind.

Kein Tamiflusaft

Nur bei schweren Erkrankungen gibt es Ausnahmen. Relenza darf erst ab dem 5. Lebensjahr verabreicht werden. Dr. Hartmann: „Die für Kleinkinder geeignete Saftform von Tamiflu ist nach Angaben des Herstellers Roche bis Ende 2009 nicht mehr lieferbar.” „Das heißt”, ergänzt Dr. Peter Liese, „dass Kinder, die sich an der Neuen Grippe infizieren, nicht optimal behandelt werden können.”

Also müssten die Eltern auf die verfügbaren - aber eigentlich für Kleinkinder nicht geeigneten - Hartkapseln zurückgreifen und sie zerkleinern. Dr. Wolfram Hartmann: „Wieder einmal wurden die Belange der besonders gefährdeten Säuglinge und Kleinkinder nicht berücksichtigt.”

Impfstoffe aus Europa

Deshalb fordern die pädiatrischen Fachgesellschaften, dass ein Impfstoff für Kinder bereit gestellt wird. Der BVKJ-Präsident: „Solche Impfstoffe gibt es auf dem europäischen Markt. In anderen Ländern steht er zur Verfügung.”

Für „nicht praktikabel und für völlig überzogen” hält der BVKJ die Anweisung des Robert-Koch-Institutes, jeden Fall zu melden, bei dem 38 Grad Fieber und ein Husten vorliegen. Dr. Hartmann: „Eine Vielzahl von Viruserkrankungen gehen mit leichten Temperaturerhöhungen und Husten einher.” Laut Anweisung des Robert-Koch-Institutes müsste der Arzt bei jedem „Hustenkind” Einmal-Schutzkleidung (Kosten: 5 Euro) anziehen und die Gesundheitsämter würden mit einem Wust von „Falsch-Meldungen” überzogen.


Verdachtskriterien

Folgende Verdachtskriterien halten die Kinderärzte dagegen für praktikabel:

  • plötzlicher Krankheitsbeginn
  • Schwäche, Mattheit
  • hohes Fieber (höher als 38,5 Grad)
  • Schüttelfrost
  • trockener Husten, Atemnot
  • Muskel-, Gelenk-, Glieder- oder Kopfschmerzen

Eine gute Vorbeugung gegen die Neue Grippe ist die Stärkung des Immunsystems durch frisches Gemüse und Obst, viel Bewegung, genügend Schlaf, Stressvermeidung, viel Vitamin D und Hygiene wie Hände waschen.

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de, derwesten.de.....