Mit Nasenspray gegen das Schweinegrippe-Virus

Von Silvia von der Weiden

Neuer Ansatz im Kampf gegen die Schweinegrippe: In einem rosa Mittelmeerstrauch, der so genannten Graubehaarten Zistrose, haben deutsche Forscher ein Mittel gegen H1N1 entdeckt – Der Pflanzenextrakt kleistert die Viren zu und behindert diese an der Ausbreitung im Körper.

Foto: pa
Das eingefärbte Foto, aufgenommen von der US-Seuchenkontrollbehörde CDC mit einem Transmissionselektronenmikroskop, zeigt den Schweinegrippevirus von 1976 "A/New Jersey/76 (Hsw1N1)". Die klassische Schweinegrippe ist ein Influenza-A-Virus vom Subtyp H1N1, der 1930 erstmals isoliert wurde.
Grippeviren sind trickreiche Gegner, weil sie den Zufall zu ihrem genetischen Programm gemacht haben. Die Rasanz, mit dem sie ihr eher kümmerliches Erbgut verändern, lässt jedes gegen sie gerichtete Mittel nur für einen begrenzten Zeitraum wirksam sein. Resistenzen sind programmiert. Dieses Dilemma könnte ein neuer Ansatz umgehen, den deutsche Forscher nun gegen die Schweinegrippe erproben.

Im Tierversuch zeigt die Methode, welche die Eintrittspforten der Grippeviren auf der Atemwegsschleimhaut des Wirtes blockiert, bereits Wirkung. Das berichtet Professor Stephan Ludwig, Direktor des Instituts für Molekulare Virologie der Universität Münster und Koordinator des vom Bundesforschungsministerium mit rund 30 Millionen Euro geförderten Projektes „Fluresearchnet“.

Die Forscher haben eine Doppelstrategie gegen das Schweinegrippevirus entwickelt. Diese setzt zum einen an einem Eiweißfaktor an, den das Virus braucht, um seine Erbinformation in eine für die Wirtszelle verständliche Form zu übersetzen. Dieser NF-KappaB genannte Faktor findet sich in leicht unterschiedlicher Ausprägung in vielen Zell- und Gewebetypen von Säugern, darunter auch bei Mensch und Schwein. Seine Blockierung durch ein Mittel, mit dem nur Zellen der Nasen- und Rachenschleimhaut in Kontakt kommen, könnte die Vermehrung des Virus sowohl im Menschen als auch in anderen Tierarten erschweren. Ein Überspringen auf einen neuen Wirt wäre so nur schwer möglich.

Mit einem zweiten Schachzug wollen die Forscher das Virus am Eintritt in menschliche Schleimhautzellen hindern. Das soll mithilfe eines Naturstoffes gelingen. Ein Extrakt aus der Graubehaarten Zistrose, einem rosa blühenden Mittelmeerstrauch, hat diese Fähigkeiten bereits in Experimenten mit Zellkulturen bewiesen. „Der Pflanzenextrakt kleistert die Viruspartikel gewissermaßen zu, sie verklumpen und können so nicht in die Zellen eindringen“, beschreibt Ludwig die Schutzfunktion. Verantwortlich für die Virus-Falle sind Polyphenole, Substanzen, die im Pflanzenreich als antimikrobielle Gerbstoffe und als Lichtschutzfaktoren weitverbreitet sind.

Gemeinsam mit einem pharmazeutischen Unternehmen arbeiten die Forscher daran, aus dem Pflanzenextrakt ein vorbeugendes Mittel zu entwickeln, das als Nasen- und Rachenspray verabreicht werden kann. In Tierversuchen habe es sich bereits bewährt, ohne dass nennenswerte Nebenwirkungen aufgetreten seien, sagt der Münsteraner Virologe. Anfang des kommenden Jahres wollen die Forscher damit in die klinische Gemeinsam mit einem pharmazeutischen Unternehmen arbeiten die Forscher daran, aus dem Pflanzenextrakt ein vorbeugendes Mittel zu entwickeln, das als Nasen- und Rachenspray verabreicht werden kann. In Tierversuchen habe es sich bereits bewährt, ohne dass nennenswerte Nebenwirkungen aufgetreten seien, sagt der Münsteraner Virologe. Anfang des kommenden Jahres wollen die Forscher damit in die klinische Erprobung.Erprobung

Schwierig ist die Entwicklung von schlagkräftigen Mitteln gegen Viren auch, weil es nur schwer möglich ist, Genaues über Aufgaben und Funktionen ihrer Gene herauszufinden. Viren besitzen nur sehr wenige Gene. Um bei ihnen konkrete Angriffsziele zu finden, müsste man einzelne Gene blockieren. Doch dann würde sich erst gar kein Virus bilden. Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover haben nun einen Ausweg aus der Sackgasse gefunden. Sie blockieren in einem schrittweisen Verfahren die Produkte der Gene, die Proteine. Eine zwischengeschaltete synthetische Substanz wirkt wie ein Schaltknopf. „Wird die schützende Substanz entfernt, wird das Virusprotein von der Zelle abgebaut. Wir können dann genau beobachten, wie sich das Fehlen des Proteins auf die einzelnen Schritte der Virusvermehrung auswirkt. So wird offenbar, welche spezielle Funktion das entsprechende Virusprotein erfüllt“, sagt Professor Martin Messerle vom Institut für Virologie.

Der Forscher hat die Erfolgsstrategie von Herpesviren aufgedeckt. Mithilfe der neuen Technik, die Forscher vor Kurzem im Fachblatt „Nature Methods“ vorstellten, lassen sich auch andere Viren in die Karten schauen. „Weiß man, was ein Virus genau mit einer Zelle macht, kann man daraus ableiten, was zu tun ist, um dem Erreger das Handwerk zu legen“, betont der Forscher. Die Erkenntnisse sollen nun dazu beitragen, neue Angriffspunkte für Medikamente gegen gefährliche Viren zu finden.

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de.....