Noch gibt es keinen Impfstoff gegen die Schweinegrippe, Schutz bietet das Präparat Tamiflu. Aber wie lange noch? Auch in den USA, an der Grenze zu Mexiko, sind nun resistente Erreger aufgetaucht. Und zwei neue Studien zeigen: Bei Kindern zeigt das Präparat Nebenwirkungen.
La Jolla - Experten schlagen Alarm: Im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko sind nach Behördenangaben Fälle von Schweinegrippe aufgetaucht, bei denen eine Behandlung mit dem Medikament Tamiflu unwirksam war. In der Grenzregion, der Stadt El Paso und in der Nähe von McAllen im US-Bundesstaat Texas seien einige Fälle von Tamiflu-Resistenz festgestellt worden, sagte die Chefin der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO), Maria Teresa Cerqueira, bei einer Konferenz im kalifornischen La Jolla.
Die Resistenzen seien bei Infizierten festgestellt worden, die regelmäßig die Grenze zwischen Mexiko und den USA überquerten und die sich selbst mit Tamiflu behandelt hätten, sagte Cerqueira. Das vom Pharmakonzern Roche hergestellte Medikament ist derzeit das wichtigste zur Behandlung der Schweinegrippe eingesetzte Mittel, da ein Impfstoff noch nicht existiert. Daneben gibt es noch Relenza mit dem Wirkstoff Zanamivir von GlaxoSmithKline. In den USA gibt es Tamiflu nur auf Rezept, in Mexiko ist es frei verkäuflich. Wenn das antivirale Medikament schon "beim ersten Niesen" eingenommen werde, sei es unwirksam, wenn es wirklich benötigt werde, warnte Cerqueira.
Bereits im Juli war in Kanada ein Fall von Tamiflu-Resistenz beobachtet worden, auch in Dänemark, Japan und Hongkong erwiesen sich Stämme des Virus A/H1N1 bereits als unempfindlich gegen das Medikament. Roche hatte nach klinischen Tests angekündigt, dass mit einer Resistenzrate von etwa 0,5 Prozent zu rechnen sei.
Das Präparat mit dem Wirkstoff Oseltamivir besitzt zudem Nebenwirkungen. Bei Erwachsenen werden häufig Übelkeit, Kopfschmerzen und Magenbeschwerden beobachtet. Bei Kindern ist der Einsatz von Tamiflu erst wenig untersucht. Zwei aktuelle britische Studien aus Eurosurveillance kommen nun jedoch zu dem Ergebnis, dass die Arznei auch bei jungen Patienten häufig Nebenwirkungen auslöst.
Bei der ersten Untersuchung haben Aileen Kitching von der Health Protection Agency (HPA) in London und ihr Team Kinder von Grund- und weiterführenden Schulen untersucht. Dort hatte es bestätigte Fälle von Schweinegrippe gegeben, die untersuchten Kinder wurden jedoch rein prophylaktisch behandelt, hatten also keine Krankheitssymptome.Von 83 Kindern, die das Virustatikum schluckten, berichteten 45 über Nebenwirkungen. 40 Prozent von ihnen klagten über Magen-Darm-Beschwerden und Übelkeit, 18 Prozent litten unter Schlafstörungen, Albträumen oder Konzentrationsproblemen.
Die zweite Studie lieferte ähnliche Ergebnisse: Von 248 vorsorglich mit Tamiflu behandelten Kindern klagten 126 über Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Probleme, Konzentrationsstörungen oder Müdigkeit. Die Autoren um Anders Wallenstein vom HPA im britischen Stonehouse schreiben: "Nebenwirkungen müssen in die Abwägung, ob der massenhafte Einsatz einer vorbeugenden Therapie gegen neue Influenza-Viren sinnvoll und sicher ist, ebenso mit einbezogen werden wie das Risiko von Resistenzentwicklungen - insbesondere wenn die Erkrankungen meist mild verlaufen."
In vergangenen Jahren gab es in Japan Beobachtungen, dass Tamiflu bei Kindern und Jugendlichen zu Bewusstseinsstörungen, Halluzinationen, Krämpfen und sogar Depressionen führe. Ein ursächlicher Zusammenhang zur Einnahme von Tamiflu konnte jedoch nicht belegt werden. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA empfahl im Jahr 2007, Jugendliche, die Tamiflu einnehmen, genau zu beobachten.
lub/hei/AFP
Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de.....
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