Angst vor Seuchen ist kein Grund zum Blaumachen

Von Daniel Eckert und Lina Panitz

Die EU rechnet mit mindestens einer Million Schweinegrippe-Fälle bis zum Herbst. Für Arbeitnehmer gibt es einiges zu beachten: Wer erkrankt und in Quarantäne muss, hat Anspruch auf Lohnfortzahlung. Angestellte, die aus Angst vor der Schweinegrippe jedoch einfach zu Hause bleiben, können fristlos entlassen werden.

Die Zahl der mit der sogenannten Schweinegrippe infizierten Deutschen nimmt stetig zu. Laut Robert Koch Institut wurden bereits über 6000 Fälle gemeldet. Auch wenn es nach wie vor heißt, dass die Schweinegrippe in der Regel nur mit milden Symptomen auftaucht und nach wenigen Tagen überstanden ist, spielen viele Unternehmen und Bürger gedanklich den Ernstfall durch.

Was passiert, wenn ich mich infiziert habe, aber dennoch zur Arbeit gehe? Kann ich das tun? Wer den Arbeitgeber nicht informiert, handelt in diesem Fall vorsätzlich. Das kann drastische Konsequenzen nach sich ziehen.

"Wenn ich genau weiß, dass ich eine schwer ansteckende Erkrankung habe und trotzdem zur Arbeit gehe, muss ich mit Schadenersatzforderungen rechnen. Das ist eine Pflichtverletzung und kann sogar zu einer fristlosen Kündigung führen", warnt Jobst-Hubertus Bauer, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Vorsitzender des Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. Im Einzelfall kann es auch vorkommen, dass Arbeitnehmer wegen der Schweinegrippe zu Hause bleiben müssen, ohne dass sie selbst infiziert sind.

Wenn eine Landesgesundheitsbehörde fürchtet, dass jemand Viren-Träger sein könnte und beispielsweise in seinem Job andere anstecken könnte, kann das Amt Quarantäne verordnen. "Wer in Quarantäne muss, hat keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung über die Krankenversicherung, da er nicht selbst nicht krank - also auch nicht krankgeschrieben - ist", sagt die Berliner Fachanwältin für Verwaltungsrecht Angela Rapp. Der Arbeitnehmer hat aber gegen die Behörde, die ihm verbietet zu arbeiten, einen Anspruch auf Entschädigung für den Verdienstausfall. Der Arbeitnehmer erhält seinen Lohn in diesem Fall weiter von seinem Arbeitgeber und dieser muss den Anspruch auf Entschädigung bei der Behörde geltend machen.

Diese Regelung ergibt sich aus dem Infektionsschutzgesetz. Dort heißt es in Paragraf 31 "die zuständige Behörde kann Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen. Das gilt auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht". Weiter heißt es in Paragraf 56 "Wer aufgrund dieses Gesetzes (...) Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld".

In den meisten Fragen unterscheiden sich die Regeln für Arbeitnehmer aber kaum von denen bei anderen Krankheiten. "Für die Schweinegrippe gilt dasselbe wie bei allen anderen Krankheiten. Ein Arbeitnehmer muss sich krankschreiben lassen, wenn er arbeitsunfähig ist und bekommt dann die Lohnfortzahlung", sagt Arbeitsrechtsexperte Bauer.

Auch die Erkrankung eines Familienmitglieds bedeutet nicht, dass Angestellte automatisch nicht ins Büro müssen. "Arbeitnehmer dürfen nicht ohne Einverständnis des Arbeitgebers einfach von der Arbeit fernbleiben, ohne dass das für sie Konsequenzen hat, die bis zur außerordentlichen Kündigung reichen können. Wer Bedenken hat, sich bei einem Familienmitglied angesteckt zu haben, sollte am besten den Arzt aufsuchen. Der entscheidet dann, ob eine Krankschreibung gerechtfertigt ist. Mit der Krankschreibung ist dann ja auch die Fortzahlung des Einkommens gesichert", kommentiert Michael Henn, Präsident des Verbands deutscher Arbeitsrechtsanwälte.

Umgekehrt können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter auch nicht belangen, wenn die ins Büro gehen, obwohl sie sich nicht ganz gesund fühlen und sich später herausstellt, dass es die Schweinegrippe war und sie Kollegen angesteckt haben. "Es dürfte sehr schwierig sein, dem Arbeitnehmer nachzuweisen, dass er andere vorsätzlich angesteckt hat, und der Vorsatz wäre hier ausschlaggebend. Aber der Arbeitgeber kann einen kranken Arbeitnehmer durchaus als arbeitsunfähig nach Hause schicken, um Kollegen zu schützen."

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de.....