Schweinegrippe-Impfung: Städte warnen vor Chaos

Bei der geplanten Massenimpfung zur Schweinegrippe haben Städte und Gemeinden vor einem drohenden Chaos gewarnt. Die Rahmenbedingungen der Impfung müssten so schnell wie möglich geklärt werden, forderte der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Unterdessen rückten die Krankenkassen wieder von ihrer Forderung nach höheren Beiträgen ab, der DIHK nannte Beitragserhöhungen Gift für Arbeitsplätze.

Die Städte und Gemeinden haben vor einem drohenden Chaos bei der geplanten Massenimpfung gegen Schweinegrippe gewarnt. Schnellstmöglich müsse nun geklärt werden, wer im Herbst eine freiwillige Schutzimpfung erhalten kann, wie der öffentliche Gesundheitsdienst eingebunden wird und wer die Kosten trägt, forderte der Deutsche Städte- und Gemeindebund am Freitag. Derweil verlangte die Barmer-Krankenkasse, dass sich Bund und Länder bald mit den Kassen zu einem Spitzengespräch treffen sollen.

Städtebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte, der vom Gesundheitsministerium vorgelegte Verordnungsentwurf schaffe keine ausreichende Klarheit, insbesondere über die Rolle des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) und der Kommunen. Der Verordnungsentwurf schreibe dem ÖGD zwar eine koordinierende Funktion zu, ohne näher zu beschreiben, was damit gemeint sei und wie die Kostenfrage geklärt werden solle.

Beitragserhöhungen Gift für Arbeitsplätze


Die Drohung der Krankenkassen, mit Beitragerhöhungen die geplante Massenimpfung zu finanzieren, löste heftige Kritik aus. Die Kosten von 500 Millionen Euro könnten problemlos aus den normalen Einnahmen finanziert werden, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der „Passauer Neuen Presse“. Der DIHK nannte Beitragserhöhungen Gift für Arbeitsplätze. Auch der DStGB sieht die Krankenkassen in der Pflicht, die Impfungen zu finanzieren.

Kassen rücken von Forderung ab


Die ersten Krankenkassen rückten aber bereits von der Forderung nach höheren Beiträgen ab. Eine Sprecherin der KKH-Allianz sagte der „Bild“-Zeitung zufolge, eine Beitragsanhebung sei zum jetzigen Zeitpunkt auch für den Fall ausgeschlossen, dass die Kassen die Impfkosten komplett selbst bezahlen müssten. Ein Sprecher der Gmünder Ersatzkasse erklärte demnach ebenfalls, eine Beitragserhöhung sei bis Jahresende ausgeschlossen.

Die AOK in Schleswig-Holstein schlug zur Bewältigung der Massenimpfung im Herbst vier „Impfsonntage“ vor. Wie bei Wahlen sollten dazu Schulen geöffnet werden, sagte der Landes-AOK-Chef Dieter Paffrath dem „Flensburger Tageblatt“. Nur so sei die Mammutaufgabe zu schaffen, 680.000 Schleswig-Holsteiner binnen kurzer Zeit zwei Mal zu impfen.

„Riesengeschäft für die Pharmaindustrie“

Der SPD-Politiker und Mediziner Wolfgang Wodarg hält indes die Angst vor einer Schweinegrippe-Pandemie für eine Inszenierung. „Das ist ein Riesengeschäft für die Pharmaindustrie“, sagte der Lungenfacharzt, der für die SPD im Bundestag sitzt, der „Neuen Presse“ aus Hannover. Die Schweinegrippe unterscheide sich nicht von den üblichen Grippewellen. „Im Gegenteil: Wenn sie die Zahl der Fälle sehen, ist das lächerlich verglichen mit anderen Grippezügen.“

Wodarg kritisierte zudem, die Pharmaindustrie habe ihre Interessen erfolgreich in der Politik durchgesetzt. Auch die Krankenkassen, die mit Beitragserhöhungen drohen, versuchten nun, von der Pandemie-Angst zu profitieren: „Sie versuchen, Geld für sich rauszuschlagen.“

Der Vize-Präsident des Robert-Koch-Instituts in Berlin, Reinhard Burger, sagte hingegen, der jetzige Verlauf der Neuen Grippe vom Typ H1N1 sei keineswegs normal, weil im Sommer sonst wenig Influenza-Fälle aufträten. „Das ist etwas beunruhigend, dass in der jetzigen Sommer-Saison die Zahl doch sehr regelmäßig steigt“, sagte er im WDR.

Derweil hat als drittes Pharmaunternehmen der französische Hersteller Sanofi Pasteur mit dem Test eines Schweinegrippe-Impfstoffs am Menschen begonnen. Neben Sanofi Pasteur testen bereits der Schweizer Hersteller Novartis und das australische Unternehmen CSL den Impfstoff. Klinische Tests von Impfstoffen können mehr als ein Jahr dauern.
gxg/AP

Quelle: bild.de, rp-online.de, focus.de, welt.de, berlinonline.de, AFP, mz-web.de, n-tv.de, sueddeutsche.de, spiegel.de, aerztezeitung.de.....